· Kameramann Rainer Friedrich Imagefilme, TV-Reportagen, Dokumentationen

Autor:Wolfgang Luck
Kamera:Rainer Friedrich
Ton:Martin Geissmann, Thorsten Czart
Schnitt:Karl-Heinz Satzger
Produktionsfirma:a&o buero
Erstausstrahlung: 8. Mai 2013

Die Welt des Vergessens

DasErste, 30 Minuten

Direkt im Anschluss an den Spielfilm „Die Auslöschung“ zeigt Das Erste, wie es gelingen kann, auch schwerstkranken Demenzpatienten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Für seine Reportage „Die Welt des Vergessens“ ist Autor Wolfgang Luck nach Thailand gefahren.

Dort wird in einem Modellprojekt in der Stadt Chiang Mai praktiziert, wonach sich in Deutschland viele sehnen: Zehn Alzheimer-Patienten leben dort in einem Wohnprojekt zusammen, integriert ins ganz normale Dorfleben. Jeder hat sein eigenes Haus und drei Betreuerinnen, die sich rund um die Uhr liebevoll um die Patienten kümmern.

Manfred S. ist einer von ihnen. Als erfolgreicher Ingenieur hat er die Welt gesehen, fünf Sprachen gesprochen. Dann die Diagnose: Alzheimer – Demenz. In Deutschland hatten die Ärzte ihm nur noch zwei Jahre Lebenszeit prognostiziert. Seine Frau Hilde wollte sich damit nicht abfinden. Sie machte sich auf die Suche nach der bestmöglichen Pflege für ihren Mann. Und wurde fündig am anderen Ende der Welt – in Thailand.

Hilde S. kennt die Vorwürfe, sie habe ihren Mann abgeschoben, als er lästig wurde. Aber das lässt sie nicht gelten. Sie habe ihn nicht abgeschoben, sie habe ihn gerettet, sagt sie. Denn in Deutschland war Manfred S. mit Psychopharmaka ruhiggestellt worden. Er sei ein aussichtsloser Fall, der bestenfalls noch ein paar Monate zu leben habe, sagten die Ärzte damals.

Fünf Jahre ist das her. Heute lebt Manfred in Thailand ohne Psychopharmaka, liebevoll betreut von seiner Pflegerin Dai, die ihm nicht von der Seite weicht. Sie gehen gemeinsam auf den Markt zum Einkaufen, besuchen den Tempel und Dorffeste. Und keiner schaut sie schief an: Respekt vor dem Alter und liebevolle Versorgung Hilfsbedürftiger – das gehört in Thailand zur Tradition.

Er sei für sie fast so etwas wie ihr eigener Opa, sagt Dai. Und seine Frau Hilde ist mehrere Monate im Jahr zu Besuch in Thailand, um ihrem Mann nahe zu sein.

Das Modellprojekt in Chiang Mai lockt auch viele Pflegeexperten aus Deutschland an, die etwas dazuzulernen wollen für den eigenen Pflegealltag. Einer von ihnen: der Pflegewissenschaftler Dr. Wolfgang Kramer. Er ist begeistert vom hohen Personalschlüssel. Aber er warnt auch: Was die Ausbildung der Pflegerinnen angeht, gebe es in Thailand Mängel.

Autor Wolfgang Luck begleitet Kramer nach Deutschland, wo er sich in einer Kölner Tanzschule einen Nachmittag „Tanzen mit Dementen“ anschaut und feststellt, dass sich Lebensfreude auch bei dementen Menschen Ausdruck verleihen kann.

In einer Ulmer Pflegeeinrichtung kommt zum ersten Mal ein Robben-Roboter zum Einsatz, der eine Emotions-Brücke zu den an Demenz erkrankten Menschen herstellen soll. Technik statt menschliche Zuwendung: Kann das eine Lösung sein für die Probleme unserer überalternden Gesellschaft?