· Kameramann Rainer Friedrich Imagefilme, TV-Reportagen, Dokumentationen

Autor:Andrea Klüting
Kamera:Rainer Friedrich
Ton:Christian Hermans, Andreas Kickel, Markus Hohn
Schnitt:Oliver Held
Produktionsfirma:Zeitsprung Pictures
Erstausstrahlung:28. Oktober 2013

Blutgeld – Die Dokumentation

ZDF, 30 Minuten

Es ist einer der grössten Medizin-Skandale der jüngeren deutschen Geschichte, der so genannte „Bluter-AIDS-Skandal“. Mehr als 1500 Bluter infizieren sich in den 1980er Jahren mit HIV, weil sie mit verseuchten Blutpräparaten behandelt wurden. Rund 400 der Betroffenen leben heute noch. Sie gehören zu den Langzeitüberlebenden und kämpfen Tag für Tag ums Überleben – und für Gerechtigkeit.

Begonnen hatte alles mit einem angeblichen Wundermittel. Dank eines neuartigen Blutgerinnungsmedikaments dürfen Bluterkranke ab Anfang der 70er auf eine Linderung und ein längeres Leben hoffen. Eine echte Verbesserung der Lebensqualität, können damit doch die gefährlichen Blutungen schneller und effektiver behandelt werden. Ein fast normales Leben ist endlich möglich. Doch die Euphorie währt nicht lange, denn das lebenswichtige Medikament wird aus gespendetem Blut gewonnen, in den 80er Jahren auch aus HIV-verseuchtem Blut.

Direkt im Anschluss an den Fernsehfilm beleuchtet die 30-minütige Dokumentation die wahre Geschichte dieses Medizinskandals. Die Autorin berichtet von unglaublichen Vorgängen, spricht mit Betroffenen und beschreibt deren bewegende Geschichten.

So tritt in dem Film einer der infizierten Brüder auf, von deren Geschichte der Fernsehfilm „Blutgeld“ inspiriert wurde. Als einziger Überlebender der drei Geschwister erinnert er sich an die Tragödie: „Es war für mich dann immer ein Gebet. Nimm mich und lass meine Brüder leben, weil die schon Familie hatten. Und das war natürlich total schlimm sich vorzustellen, dass der Vater jetzt den Kindern genommen wird. Aber das Gebet ging nicht auf, wie so vieles nicht im Leben.“ Er, der auch heute noch anonym bleiben will, hat gelernt, mit der Situation und der Infektion zu leben. Doch die Ungewissheit bleibt: „Ich habe auch immer wieder Ängste, dass die Krankheit ausbricht. Dadurch, dass es mir jetzt gut geht, heisst es nicht, dass es morgen dann auch noch so ist. Das ist wie ein Pulverfass, das jederzeit wieder losschiessen kann.“

Auch Konradina Diederich lebt in ständiger Sorge um die Gesundheit ihres Sohnes Michael. Diederich wurde 1983 im Alter von acht Jahren durch verseuchtes Blutplasma mit HIV infiziert. Die Dokumentation begleitet den heute 38-jährigen Michael Diederich und seine Mutter, die sich noch gut an die Zeit erinnert, als sie von der Diagnose erfahren hat: „Das waren plötzlich Ängste, die waren in einer Dimension, da war seine Bluterkrankheit plötzlich gar nicht mehr präsent, muss man ehrlich sagen. Da hat sich alles nur noch um dieses Thema gedreht.“

Schon bald müssen beide erleben, welche Ausmaße die Krankheit mit sich bringt. Konradina Diederichs Bruder, ebenfalls Bluter, stirbt an den Folgen, die die verseuchten Blutpräparate mit sich bringen. Michael Diederich und seine Mutter erzählen, wie sie mit diesem Schicksalsschlag fertig wurden, von der Ungewissheit über den Verlauf der Krankheit und das belastende Schweigenmüssen über das Stigma AIDS-Infektion.

Denn AIDS ist zu der damaligen Zeit die Krankheit der Homosexuellen, Prostituierten und Drogenabhängigen, die Seuche der Sünde. Keine leichte Situation für den jungen Michael Diederich: „Es war eine sehr schwierige Zeit, weil man niemanden hatte, mit dem man darüber reden konnte und die Ärzte, die mich betreut haben damals, haben sehr ausdrücklich gesagt, dass wir es niemandem sagen dürfen, nicht der Schule oder Bekannten oder Freunden, weil man sonst ausgegrenzt wird von denen oder die Schule verlassen muss.“

Darüber hinaus kommen in dem Film Experten zu Wort, die die Zeit miterlebt haben. So Dr. Ute Braun, Ehrenvorsitzende der Hämophilie-Gesellschaft, die viele Infizierte betreut und deren Familie begleitet hat, oftmals bis zum Tod. Der AIDS-Experte Dr. Hans Jäger berichtet von den Anfängen von AIDS. Schliesslich Horst Schmidbauer: Er engagierte sich stark bei der Aufklärung des Bluter-AIDS-Skandals und sass als Obmann der SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss, der sich in den Jahren 1993/94 mit der Aufklärung der HIV-Infektionen durch Blut und Blutprodukte befasste.